blogger counters
5000 Hours around the world: Ulan Bator, oder die schwarze Seele des Dschingis Khan
Ulan Bator, oder die schwarze Seele des Dschingis Khan
Der Zug stoppt. Wir steigen aus und Ulan Bator, die Hauptstadt der Mongolei, breitet sich in all ihrer Hässlichkeit vor uns aus- tausende von Autos hupen, die Hochhäuser starren vor Dreck und Menschen drängen in alle Richtungen. Allein ein Drittel der Bevölkerung lebt hier und der Rest hat Glück, es nicht zu tun- es ist ein wenig anders, als ich es erwartet hatte vom Land der Nomaden und weiten Horizonte.
Etwas Hoffnung habe ich dennoch- Die Stadt liegt in einer Art Kessel flankiert von Bergen, die ringsum zwischen den Häusern hervorblitzen und etwas von der Ferne und Weite der goldenen Steppe versprechen, die ich dahinter vermute.



Doch zuerst fordere ich die Ulan Bator heraus, mir etwas mehr zu zeigen, mir Plätze und Orte zu offenbaren, die eine andere Seite der Stadt enthüllen, aber-
Fehlanzeige, die Stadt möchte ihr hässliches Gesicht wahren und mich offensichtlich in den Wahnsinn treiben.



Offenbar scheint nichts dort zu sein, wo es sein soll- 2 Stunden verzweifeln wir auf der Suche nach dem Ticketoffice für unsere nächsten Transsib-Tickets an den unübersichtlichen Vierteln, deren Nummerierung absolut keiner Logik folgt.
2 weitere Stunden laufen wir durch die breiten Straßen auf der Suche nach einem Restaurant und sind geschockt von Ulan Bators Brutalität: Dreimal Mal sehen wir blutende Menschen auf der Straße liegen und zweimal Schlägereien mitten auf der Straße- einige der Bewohner der Stadt eifern allem Anschein nach ihrem Exherrscher und wahrscheinlich größten Killer in der Geschichte der Menschheit nach- dem großen Dschingis Khan, dessen rießige Statue vor dem Parlamentsgebäude über den Suchbataarplatz blickt.

Hochzeit vor der Statue des Dschingis Khan

Als wir schließlich nach abermaligen 3 Stunden Suche am Schwarzmarkt ankommen, auf dem wir warme Kleidung für unseren bevorstehenden Wüstentrip besorgen wollen, ist es fast zu spät- es wird schon dunkel, alle Stände sind gerade dabei zu schließen und die meisten Menschen sind schon längst weg. Gehetzt laufen wir durch den Markt, um noch schnell dicke Jacken, Mützen und Schals zu finden. Aber als wir endlich das Nötigste beisammen haben, geht das Drama erst los.
Einer der Mongolen wird auf uns aufmerksam und fängt an, uns über den gesamten Markt zu folgen. Als wir schließlich stehen bleiben, um zu fragen, was er denn möchte, wird er aggressiv und will uns mit drohenden Gebärden zwingen, ihm Geld zu geben. Er sieht gefährlich aus in seinem langen, dunklen Ledermantel, den schwarzen Augen, die er zu Schlitzen zusammengekniffen hat und den Blutspuren im Gesicht- ich beginne doch, mir etwas Sorgen zu machen. Wir sprechen einige der Standbesitzer an, die noch da sind und schaffen es nach einer halben Stunde mit deren Hilfe, ihn zu vertreiben.

Am Abend desselben Abends haben wir eine Verabredung mit einem mongolischen Mädchen aus Ulan Bator über Couchsurfing, Bayarsegtseg heißt sie und bringt uns zur größten Party des Jahres in Ulan Bator, was bedeutet, dass es gleichzeitig die größte Party des Jahres in der ganzen Mongolei ist. Im Vergleich zu ihr sind wir mit unseren Trekkingschuhen und der mehr-oder-weniger Funktionskleidung etwas underdressed- aber egal- Party ist Party! Sie unterscheidet sich gar nicht so sehr von europäischen Partys, bloß dass ca. 500 Mongolen um uns herum tanzen und plötzlich inmitten des gar nicht mal so schlechten Elektro eine gar nicht mal so gute Live Band spielt. Lustig ist es trotzdem und entschädigt uns etwas von dem absolut furchtbaren Tag.

Dennoch scheint die kälteste Hauptstadt der Welt ihrer Bezeichnung wohl alle Ehre machen zu wollen und bereitet ihren Gästen alles andere als ein warmes Willkommen- Ulan Bator ist definitiv kein angenehmer Ort zu leben, was für ein Glück, dass ich das nicht muss.