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5000 Hours around the world: 2011-12-23
Freitag, 23. Dezember 2011
Die Mongolei- das Land der goldenen Steppen und unendlichen Horizonte
Der Sand wirbelt auf, als uns Ulan Bator endlich aus seinem stinkenden, rauchenden Schlund in die unberührte, reine Luft und die unendliche Weite der mongolischen Steppe spukt. Vier staunende Gesichter blicken wie ich mit großen Augen aus dem fahrenden Bus auf die Straße, die ins Nichts zu führen scheint, so weit kann man sie bis zum Horizont verfolgen.



Außer mir sind im Bus Evi, David, Rose (ein britisches Mädchen aus unserem Hostel), Jérémy, der Fahrer und unsere Leiterin und Köchin, Nassa.



Die ockerfarbenen Felder fliegen rechts und links an den Fenstern vorbei, bis wir zum Fuß eines imposanten Gebirges kommen- wir haben den Hebei National Park erreicht.
Im Schnee stapfen wir bis auf die zerklüfteten Bergkämme, vor uns laufen scheue Wildpferde in die Ferne davon und unter uns wird der Bus zum Spielzeugauto. Von den Gipfeln sieht man soweit das Auge reicht Felder und Berge, die sich ohne Unterbrechung ins Unendliche ziehen- keine Straßen, keine Häuser, keine Menschen.
Mit 2,75 Millionen Einwohnern auf einer Fläche, die etwa viermal so groß ist wie Deutschland, ist die Mongolei der am dünnsten besiedelte unabhängige Staat der Welt.



Die meisten der Einwohner leben wie die Familien, in deren Jurten wir auf unserem Trip unterkommen- als Nomaden, die mit dem Lauf der Sonne in der Steppe umherziehen. Es ist ein etwas anderes Leben, als wir es gewohnt sind: Eine Holzhütte mit Loch im Boden dient als Toilette (allerdings mit atemberaubendem Blick auf die Steppe), keine Küche, keine Dusche.



Die Gers (Jurten) bestehen aus runden Holzgerüsten, die mit Planen überdacht und innen mit bemalten Holzstreben und bunten Stoffen verkleidet sind. Eine hölzerne Tür, die stets nach Süden ausgerichtet ist, führt in das Innere der Jurte, in der sich meist ein Ofen für das Feuer, kreisförmig angeordnete Betten und ein Altar befinden. Gekocht wird über dem Feuer im Ger, gewaschen wird sich im Fluss einen Kilometer weiter, mit der Sonne wird aufgestanden und ins Bett gegangen- und bis auf die obligatorische Satellitenschüssel, die selbst mitten in der Steppe jeder hat, ringsum kilometerweit keine Spur von Zivilisation.





Dennoch (oder gerade deshalb?) sehen die Menschen gesund und glücklich aus- die Kinder spielen fröhlich mit allerhand Getier, das sich hier tummelt und lachen uns aus pausbäckigen und sonnengebräunten Gesichtern an. Apropos Sonne- der scheint es hier auch zu gefallen, sie scheint die ganzen sechs Tage, in denen die Steppe mein Zuhause ist, ununterbrochen vom endlosen türkisblauen Himmel.



Am Abend dieses Tages dann ein absolutes Highlight – die dunkle Silhoutte einer Gruppe Kamele taucht vor dem Horizont auf und wächst auf Lebensgröße an, bis sie schließlich vor uns stehen. Auf ihrem Rücken reiten wir los in Richtung Semigobi, deren feine weiße Sanddünen plötzlich wie eine Fata Morgana mitten in der Steppe auftauchen.





Die untergehende Sonne taucht die Landschaft in sanftes orange-rotes Licht und färbt den Himmel lilablassblau; ich fühle mich fast wie eine orientalische Wüstenprinzessin, deren Reich sich gleich hinter der nächsten Düne bis zum Horizont erstreckt.



Die Fahrten von einer zur nächsten Jurte sind ebenfalls ein Erlebnis- die Teerstraße ist mittlerweile Pfaden gewichen, die kreuz und quer ohne klar ersichtliche Ordnung durch die Steppe führen. Ab und zu durchqueren wir den einen oder anderen eisblauen Fluss oder scheuchen eine Herde Yaks auf, die in alle Richtungen davon stäuben.



Am dritten Tag reiten wir mit dem Vater einer der Familien auf kleinen, stämmigen Pferden zu einem Wasserfall, der sich aus einem tiefblauen Fluss in ein kleines gefrorenes Bassin ergibt- die Sonne bricht sich in der Gischt und erzeugt einen bunt schillernden Regenbogen, der sich über die Bucht spannt. Bis auf das Wasser, das in die Tiefe rauscht ist es unglaublich ruhig hier, ab und zu blökt ein Yak oder ein Schaf in die Stille hinein und es scheint, als ob die Zeit ist stehengeblieben wäre.

Tatsächlich haben wir nach unserer Rückkehr zu den Jurten recht viel vom Tag übrig, also erkunden wir ein nahgelegenes Vulkangesteinfeld, deren schwarze Steine an Knochen und Schädel von lange schon nicht mehr existierenden Tierarten erinnern.



Wir wandern so weit, bis uns ein breiter Fluss den Weg versperrt und halten ein Schläfchen unter dem Panoramahimmel, mit der Sonne im Gesicht und einem Lächeln auf den Lippen.

Auf den vierten Tag haben wir alle gewartet- wir erreichen die heißen Quellen. Aus einer natürlichen, ca. 80 Grad heißen Quelle führen Rohre zu einem angelegten Steinbad, in dem wir uns den ganzen Tag aufweichen lassen und dessen Dämpfe über die herbst-gelben Bäume und die Steppengräser um uns herum wabern.



Zum Abschluss eines wunderschönen Wüstentrips gibt es am fünften Tag ein beeindruckendes Konzert zweier Mongolen, die uns mongolische Volkslieder und Obertongesang vorführen, der Legenden nach seinen Ursprung in der Mongolei haben soll.



Nach einer letzten denkwürdigen Nacht im Ger, in der uns das Heulen der Wölfe auf den umliegenden Hügeln und das Knistern des Feuers in den Schlaf geleiten, geht es zurück in das Chaos Ulan Bators.

Es ist ein absolut großartiges Erlebnis, das Leben der Nomaden hautnah miterleben zu können und die Weite der Steppe fühlen zu dürfen- das ist die Mongolei, wie ich sie mir vorgestellt habe, das Land der goldenen Steppen und unendlichen Horizonte.