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5000 Hours around the world: Shanghai, der Okzident im Orient
Shanghai, der Okzident im Orient
Die Lichter der 23 Millionen Stadt strahlen uns schon von weitem entgegen, als wir mit dem Zug gen Osten fahren. Abermals mussten wir 20 Stunden auf unbequemen Minisitzen ausharren, diesmal allerdings ohne unser Verschulden- es gab schlicht und einfach keine Betten mehr.



Mit der hochmodernen Shanghaier Metro geht es nach der Ankunft ins Wirtschaftsviertel, wo uns schon unser nächster Couchsurfing Host erwartet-Jennifer, eine niedliche kleine Chinesin, die ursprünglich aus Sichuan stammt. Doch selbst das U-Bahn fahren ist anders in China: Die Eingänge der Metrostationen erinnern an die Check-Ins an Flughäfen- große Röntgenscanner und Personal stehen für die Kontrolle jeder Person bereit, die gewillt ist, in die Station zu treten. Für die Sicherheit ein Plus, aber mit einem 20 Kilo Backpack ist das dann doch nicht so der große Spaß.

Als wir schließlich aus der unterkühlten U-Bahn an die Oberfläche fahren, stehen wir in New York. Naja, nicht ganz New York, aber so, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Alleen von riesigen Stahlwolkenkratzern mit Glasfronten strecken sich in alle Richtungen, die Schriftzüge von teuren internationalen Modemarken glitzern in Gold und Silber an jeder Ecke und wichtig aussehende Business-Chinesen laufen mit starr geradeaus gerichteten Blicken auf den sauberen Bürgersteigen an perfekt getrimmten Buschwerk vorbei- die Männer in Anzügen, die Frauen in Kostümen.



Am Abend erkunden wir auf der Suche nach Essen das Viertel und kommen an einer Art Kreuzung an, wobei „Kreuzung“ etwas zu niedlich klingt für das, was sich vor uns auftürmt: Etwa fünf Meter über den in alle Richtungen strömenden Verkehr thront ein pompöses Rondell, das als Fußgängerüberweg funktionieren soll, mit seinen in allen Farben strahlenden Lichtern aber eher aussieht wie eine Achterbahn. Dahinter ragt ein nicht minder pompöses, raketenförmiges Gebäude in die Höhe, das dem Rondell im Lichterfunkeln in Nichts nachsteht- die „orientalische Perle Asiens“, in der sich ein überteuertes, sich drehendes Teehaus befindet.



Etwas weiter entdecken wir das World Financial Center, eines der höchsten Gebäude der Welt, das sich bis ins Unendliche in den Himmel zu erstrecken scheint. Leider scheinen sich hier auch die Preise ins Unendliche zu erstrecken, wie wir herausfinden sollen, naja ist eben auch New York. Äh Shanghai.
Der Fluss „Huangpu“ spaltet die Stadt in zwei Teile- am Flussufer sitzend genießen wir die Skyline der gegenüberliegenden Seite, „the Bond“ genannt, die sich im blau- schwarzen Wasser des Flusses goldschillernd spiegelt.



Den nächsten Tag wollen wir die ehemalige „Französische Konzession“ besichtigen, ein französisches Viertel aus der Zeit, in der die Sonderhandelszonen in chinesischen Hafenstädten eingeführt wurden und die stärksten Handelspartner Chinas, Frankreich und England, dort ihre eigenen Bezirke errichteten. Nach einer zermürbenden Suche nach dem Viertel, während uns der Nieselregen die Sicht trübt, ist das endlich erreichte Ziel dann eher enttäuschend. In den wenigen, im französischen Kolonialstil erbauten Gässchen haben sich einige superteure französische Restaurants angesiedelt, sonst ist hier nicht viel zu sehen. Um den Tag zu retten, fahren wir dann noch ins (gottseidank kostenlose) National Museum, wo wir unter anderem traditionelle Malerei, Gewänder, Jadekunst und Kalligraphie bestaunen können.

Auch die nächsten Tage erfüllen nicht ganz meine Erwartungen. Während der als „Venedig Chinas“ angepriesene Vorort „Qiabao“ Nichts mehr als eine Touristenfalle am Fluss ist, von der aus man in alle Richtungen die hässlichen Neubauten der Banlieues Shanghais erkennen kann, sind die mystisch klingenden „Souzhou Gärten“ zwar eine nette Abwechslung zur hektischen Großstadt, aber im Ganzen doch auch eher ernüchternd.



Als wir die Stadt schließlich verabschieden, bin ich fast etwas froh, meiner desillusionierten Version von Shanghai zu entkommen.